Abschied Elisabeths von ihrem Gatten Ludwig, Szene aus dem Elisabethfenster. Aus dem Buch "Elisabeth von Thüringen" (Repro: D. Deubner)








Die Heilige Elisabeth und Hermann von Salza [11]


Ausgewählte Beiträge zum Leben Hermann von Salzas - Teil XX

In der Regesta Imperii Nr. 6685 vom 16. April 1227, wobei dieses Datum mit Fragezeichen zu versehen ist, wird über die Meldung des neuen Papstes Gregor IX. an die Erzbischöfe von Cöln, Mainz, Bremen, Trier, Magdeburg und deren Suffraganen berichtet, dass: "die beiderseitigen verbriefungen über die sühne zwischen dem kaiser und den Lombarden in seinen händen seien und dass beide theile sich eifrig zur kreuzfahrt rüsten; fordert sie zur förderung der kreuzfahrt auf." Zu den Suffraganen zählten der Landgraf von Thüringen, alle deutschen Kreuzfahrer und der Deutschordensmeister. In den "Monumenta Germaniae Historica" sind diese Briefe an Landgraf Ludwig und den Deutschordensmeister Hermann von Salza dokumentiert. Um den 10. Mai werden diese Briefe in Deutschland gewesen sein. Zu diesem Zeitpunkt dürfte Hermann von Salza sich noch in Thüringen aufgehalten haben. Für die Reise nach Rom brauchte man damals ungefähr 25 Tage. Somit blieb dem Deutschordensmeister nicht viel Zeit für einen Aufenthalt in Thüringen. Vom 12. Juni 1227 gibt es eine Urkunde des Papstes Gregor für den Deutschen Orden mit der ausdrücklichen Nennung Hermann von Salzas, die die Anwesenheit des Hochmeisters in Italien beweist. Gregor wiederholte in der vorliegenden Urkunde die Anweisungen seines Vorgängers Honorius III. über eine völlige rechtliche Gleichstellung des Deutschen Ordens mit den Johannitern und den Templern.

Es gibt jedoch vom selben Tag auch zwei päpstliche Urkunden für den Magister Conrad von Marburg. Regesta Imperii Nr. 6703: "Gregor IX. bestätigt dem magister Conrad von Marburg, predicator verbi dei, die demselben vom landgrafen von Thüringen ertheilte vollmacht, über die beneficien landgräflichen patronats zur verfügen." Gleichzeitig bevollmächtigte ihn Gregor, "behufs beseitigung der ketzerei in Deutschland sich geeignete genossen zu wählen." (Reg. Imp. 6704). Wenn Hermann von Salza und Conrad von Marburg am gleichen Tag bei der Curie waren, werden sie wohl auch gemeinsam von Thüringen nach Italien gezogen sein. Sie fanden den neuen Papst aber nicht in Rom, sondern in Anagni etwa 60 Kilometer südöstlich von Rom.

Conrad von Marburg muss ein sehr vorsichtiger Mensch gewesen sein. Die Bestätigung der landgräflichen Vollmacht hatte er sich deshalb geben lassen, weil Papst Gregor am 10. Mai verfügt hatte, dass "jeder, der das Missionsamt zum Gelderwerb benütze, festgesetzt und bestraft werden sollte." Conrad muss danach wieder nach Deutschland zurückgekehrt sein. Ob er den Landgrafen noch in Italien getroffen hatte oder ihm auf dem Rückweg begegnet war, konnte ich nicht in Erfahrung bringen.

Landgraf Ludwig IV. war am 24. Juni 1227 von Schmalkalden mit seinem Kreuzfahreraufgebot nach Süden aufgebrochen. Albert Arnstadt schreibt in seinem Büchlein "Die Schenken von Vargula" darüber: "1227 rüstete Kaiser Friedrich II. zu einem Kreuzzuge gegen die Sarazenen, an welchem auch der junge Landgraf Ludwig IV. teilnahm. In seinem Gefolge befanden sich Rudolf von Vargula, Marschall, Dietrich von Seebach, Berlt von Heilingen, Hartung von Erffa (Friedrichswert), Hermann von Schlotheim u. a. mit 200 Pferden. Die junge Landgräfin Elisabeth begleitete ihren Gemahl zwei Tagereisen, und nur auf Zureden Rudolfs [von Vargula], der als erster den Schutz des Landgrafen ihr versprach, reiste sie zurück."

Auch Dietrich von Apolda beschreibt den Abschied der Landgräfin Elisabeth von ihrem Gemahl in "Leben und Legende der heiligen Elisabeth": "Über die Grenzen Thüringens hinweg begleitete die treuergebene Frau Elisabeth nicht von fern, sondern nahe bei ihm traurigen Herzens den liebenswürdigen Fürsten, ihren geliebten Gemahl, den sie nicht wiedersehen sollte. Die Macht der Liebe und der Schmerz der Trennung trieben sie, ihn eine Tagesreise weit zu begleiten. Doch begnügte sie sich damit nicht, sondern zog trotz der Beschwerlichkeit der Reise auch noch den zweiten Tag lang mit. So legte sie Zeugnis ab von dem Band ihrer Liebe und von der Tiefe ihres Leides."

In dem Buch "Elisabeth von Thüringen" aus dem Michael Imhof Verlag lag dem Autor Rainer Atzbach noch eine weitere Version der "Vita S. Elisabeth" des Erfurter Dominikaners Dietrich von Apolda vor. Sie scheint mir die ursprünglichere zu sein und soll deshalb auch zitiert werden. "Nicht von weitem, sondern ganz nahe folgte die allertreueste Frau mit kummervollem Gemüt dem allermildesten Fürsten und heißgeliebten Mann über die Grenzen Thüringens hinaus auf seinem Ritt in die Ferne. Sie sollte ihn nicht wiedersehen. Als es Zeit zur Umkehr war, hielten ihre große Liebe und der Abschiedsschmerz sie zurück drängten sie, noch eine schwere Tagesreise weiter zu folgen. Aber auch diese Zugabe genügte ihr nicht: zur Trennung unfähig, fügte sie nochmals eine volle Tagesreise hinzu. Gewiss verstärkten die Bande der Liebe und die Gewalt des Schmerzes die Absicht zum Weiterreiten. Dennoch beendete die Liebe zum Schöpfer, die stark ist wie der Tod, das weitere liebevolle Verweilen, und endlich, auf Anraten des Mundschenks Rudolf [von Vargula], schieden sie voneinander. Die Landgräfin kehrte zurück, weinend wie eine Witwe und Tränen auf den Wangen. Sie zog ihre Freudengewänder aus und legte das Kleid der Witwenschaft an."

Auf der Wartburg werden für Elisabeth die nächsten Wochen zwar einsam, aber arbeitsreich vergangen sein. Sie war ja im sechsten Monat schwanger und ihre beiden Kinder waren auch noch klein. Da ihr Gemahl nicht mehr in ihrer Nähe war, musste sie noch mehr als bisher um die Verwirklichung ihrer Lebensideale kämpfen und wird sich dabei oft mit der Hofgesellschaft auf der Wartburg verzankt haben. Sie war die zurückgebliebene Gemahlin des Kreuzfahrers Ludwig. Da ihr Gatte sie aber nicht zu seiner Stellvertreterin ernannt hatte, musste sie sich bereits während der Abwesenheit Ludwigs in vielen Bereichen ihrem Schwager Heinrich und ihrem Beichtvater Conrad von Marburg unterordnen. Und so wird Elisabeth in den folgenden Monaten, wie Rainer Atzbach in seinem bereits erwähnten Buch schreibt: " … wohl als einzige Herrscherin in Europa ein Leben nach dem Evangelium" verwirklicht haben.

Wie sich das Leben der Landgräfin Elisabeth weiterhin gestaltet hat, zeigt der nächste Teil. Bildunterschrift: Abschied Elisabeths von ihrem Gatten Ludwig, Szene aus dem Elisabethfenster. Aus dem Buch "Elisabeth von Thüringen" (Repro: D. Deubner)

Dieter Deubner

Bad Langensalza 1. Januar 2008


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